Die ohnehin relativ knappe Mehrheit von Rot-Grün und drei weiteren Kreistagsabgeordneten ist von rund 56 % auf rund 53 % gesunken. Statt der ursprünglich 36 Mitglieder gehören jetzt nur noch 34 von 64 Abgeordneten der Mehrheitsgruppe an. Nach der Auflösung der Fraktion „Die Linke“ vertritt die Mehrheitsgruppe nur noch rund 51 % der Wählerinnen- und Wählerstimmen der Kommunalwahl im September 2021. Trotzdem dominiert die Gruppe dank der von der früheren SPD/CDU-Koalition in Hannover beschlossenen Sitzverteilung nach d’Hondt die Ausschüsse im Kreistag und lehnt fast alle Vorschläge der Opposition ab.
Die Gruppe verfügt über 7 von 10 stimmberechtigten Sitzen im Kreisausschuss und 10 von 15 stimmberechtigten Sitzen in den Fachausschüssen. Diese Sitzverteilung steht in einem krassen Missverhältnis zu der Zahl der Abgeordneten der Gruppe im Kreistag und widerspricht somit dem Spiegelbildlichkeitsgebot.
Mit einer Anwendung des früheren Verfahrens nach Hare/Niemeyer wäre eine gerechtere Verteilung der Sitze verbunden, sämtliche Fraktionen würden in den Fachausschüssen stimmberechtigte Sitze erhalten. Die Fraktionen der FDP und der Unabhängigen vertreten immerhin rund 10 % der Wählerinnen- und Wählerstimmen, haben aber keine entsprechenden Stimmrechte erhalten. Unabhängig davon haben wir uns mit zahlreichen Initiativen intensiv und konstruktiv für die Belange des Landkreises eingesetzt.
So haben wir bei der Standortfrage der Berufsbildenden Schulen in Hildesheim schon früh mit entsprechenden Anträgen klare Termine für die seit langem ausstehende Entscheidung gefordert und die Bedeutung der Berufsschulen für Stadt und Landkreis hervorgehoben. Erst die CDU und dann auch die Mehrheitsgruppe haben sich mit Änderungsvorschlägen erst kurz vor bzw. in der Kreistagssitzung unserem erfolgreichen Antrag angeschlossen.
Zur Sicherstellung der ortsnahen ärztlichen Notfallversorgung im Südkreis haben wir unverzüglich hervorgehoben, dass der Erhalt und die Unterstützung der Klinik in Gronau notwendig sei. Auf unseren Antrag hin sind Vertreterinnen und Vertreter der Klinikleitung in eine Sitzung des Gesundheitsausschusses des Kreistages eingeladen worden, um dort auf ihre aktuelle Situation und auf die zukünftige Entwicklung des Bedarfs einzugehen. Aus unserer Sicht sollte der ärztliche Notdienst in Zusammenarbeit mit medizinischen Versorgungszentren und der Ärzteschaft ausgebaut werden.
Die Mehrheitsgruppe im Kreistag ignoriert offensichtlich, dass der Landkreis vor großen Herausforderungen steht. Für die Haushaltsjahre 2024 bis 2027 ist von Defiziten in Höhe von rund 130 Mio. € auszugehen, der Schuldenstand zum 31.12.2023 liegt mit rund 173 Mio. € weit über dem Landesdurchschnitt, zudem sind für die Haushaltsjahre 2024 bis 2027 Kreditaufnahmen in Höhe von 240 Mio. € vorgesehen. Die für die Berufsbildenden Schulen erforderlichen Mittel sind noch nicht einmal in der Mittelfristigen Planung vollständig enthalten. Ferner entstehen bei den Städten und Gemeinde durch die dem Landkreis obliegende Aufgabe der Kinderbetreuung allein im Jahr 2024 Defizite in Höhe von rund 50 Mio. €. Auch insoweit kommt der Landkreis nicht umhin, sich stärker zu beteiligen. Trotz dieser prekären Finanzsituation hat die Mehrheitsgruppe allein für den Haushalt 2024 zusätzliche Ausgaben in Höhe von 3,5 Mio. € veranlasst und Einsparungsvorschläge unserer Fraktionen und der CDU abgelehnt. Auch der auf unseren Antrag hin eingesetzte Arbeitskreis Haushaltskonsolidierung wird von der Mehrheitsgruppe leider nicht so intensiv begleitet, wie es erforderlich ist.