Die rot-schwarze Landesregierung hat eine Gesetzesänderung beschlossen, nach der die Fachausschüsse auf kommunaler Ebene künftig nach einem neuen Sitzverteilungsverfahren besetzt werden – zum Nachteil der kleineren Parteien und Wählergruppen. Begründung: Die Änderung sorge für stabile Mehrheiten in den Ausschüssen ihre Mehrheiten, da es „in der Vergangenheit zu einer Zersplitterung der kommunalen Vertretungen kam und deren abnehmende Handlungsfähigkeit beklagt werde.“

SPD & CDU ändern einfach durch ihre Mehrheit die Regeln nach der Kommunalwahl zu eigenen Gunsten!

Künftig werden kleinere Parteien mit einer Abänderung der Sitzverteilung dann nur noch an den Fachausschüssen beratend teilnehmen können, am Ende aber nicht mehr über Beschlussvorschlagen mitentscheiden.

Als Beleg für ihre nach unserer Meinung nach höchst undemokratischen Entscheidung führt die Landesregierung ein Gutachten aus NRW an, dass sich mit dem Thema 3%-Klausel befasst hat (welche im Übrigen vor Gericht durchgefallen ist).

Wozu das Ganze?

Diese Änderung ist für den SPD-Landtagsabgeordneten Bernd Lynack genauso wie für die CDU-Landtagsabgeordnete Laura Hopmann vertretbar, da „die Mehrheitsverhältnisse der Räte und Kreistage, die letztlich die Entscheidungen im Plenum treffen, davon unberührt blieben.“ Diese Aussage widerspricht unserer Meinung nach eben der Notwendigkeit einer Änderung für die Sitzverteilung in den Fachausschüssen. Dann könnte letztlich auch alles so bleiben wie es ist.

Das Gutachten selbst stützt auch eher die These, dass eine Änderung nicht notwendig sei:

Fazit Gutachter: „Bei allen subjektiven Verzerrungen dieser Bewertungen ist der Befund, dass es nur in wenigen Einzelfällen zu gewichtigen Funktionsstörungen gekommen ist, sehr robust. Auch in diesen Fällen lässt sich meist nicht aufzeigen, dass sie sich kausal unmittelbar auf Einzelmandatsträgern, Gruppen und Kleinstfraktionen zurückführen lassen.“

Unser Rückschluss dazu kann nur lauten, dass CDU und SPD durch die Abwandlung einzig und allein ihre eigenen Machtpositionen stärken wollen: zu Lasten kleinerer Parteien und Fraktionen. Die Aussage Hopmanns zur bisherigen Praxis, „eigentlich müssten sich kleinere Parteien sogar freuen, dass man ihre Hinweise wertgeschätzt hat…“ spiegelt für uns nur die Achtung der CDU gegenüber kleineren Parteien und Wählergruppen und deren Arbeit wider – nämlich gar keine.

Die FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag hat ein Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesänderung in Auftrag gegeben.

Fazit Gutachter: Angesichts der Benachteiligung kleiner Parteien bestehen im Hinblick auf die Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit der Parteien sowie den Minderheitenschutz bereits gegen das von der Rechtsprechung als zulässig erachtete D’Hondt-Verfahren als solches Bedenken, die in der Literatur verstärkt fruchtbar gemacht werden. Diese Bedenken wiegen für die Vertretung umso schwerer, da deren Funktionsfähigkeit nicht von einer auch in der Gesetzesbegründung angeführten Mehrheitsstabilität abhängig ist. Verfassungsrechtlich angreifbar ist jedoch vor allem der Zeitpunkt der Änderung, die unmittelbar nach der Kommunalwahl in Kenntnis des Wahlergebnisses und mit Wirkung für die bereits begonnene Wahlperiode erfolgen soll. Ungeachtet dessen, ob man die beabsichtigte Änderung als echte oder unechte Rückwirkung einordnet, lässt sich diese als Beeinträchtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes nicht rechtfertigen. Gewichtige Gründe für die Einführung des D’Hondt-Verfahrens als Berechnungsgrundlage für die Bestimmung der Ausschusssitzverteilung sind nicht ersichtlich und auch in der Gesetzesbegründung nicht dargelegt. Das gilt bereits für die Einführung als solche und umso mehr für den Zeitpunkt der Änderung. Der Gesetzgeber macht lediglich von seinem Gestaltungsspielraum Gebrauch, der aber durch das schutzwürdige Vertrauen der Wählerinnen und Wähler eingeschränkt ist. Diese durften darauf vertrauen, ihre Wahlentscheidung nach Maßgabe des geltenden Rechts und im Vertrauen in dessen Fortbestand für die Wahlfolgen einschließlich der Bestimmung der Ausschusssitzverteilung zu treffen. Die beabsichtigte Änderung des § 71 Abs. 2 NKomVG hält mithin einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand.

Quelle: Homepage Unabhängige in Elze